Reiseberichte

Impressionen von Uhland Burkart
Clubmember des float flying club canada in Port Loring P0H 1Y0, Ontario

Only lakes and the sky are the limit

Oder: Sailing an airplane and fly a “motorboat”

Nach geltender Definition ist ein Segelboot ein Wasserfahrzeug, das mit Windkraft – mehr oder weniger gezielt – übers Wasser bewegt wird …. und ein Motorboot ein Wasserfahrzeug, dass sich mit Motorkraft über Wasser bewegt.

 

Dies mag wohl richtig sein, ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Es gibt da nämlich noch etwas, das all dies kann und noch einiges mehr. Die Rede ist von einem Wasserflugzeug – englisch: „Float Plane“. Und wenn dieses mit dem (fast) unbegrenzten Himmel und den (fast) unendlich vielen Seen von Kanada zusammenkommt, ja dann wird der Slogan von „only lakes and the sky are the limit“ zur faszinierenden Realität, zu einem Erlebnis, das nicht viele Menschen auf diesem Globus teilen.

Eigentlich Schade.

Zugegeben. Es ist nicht ganz einfach. Man kann dieses Erlebnis kaum im Reisebüro buchen. Man braucht etwas Zeit. Man braucht die Bereitschaft, aus dem Alltäglichen hinauszugehen. Man muss einige Kilometer an Anreise auf sich nehmen.

Aber unabhängig davon ob man selbst Pilot ist, oder interessierter Mitflieger, oder ein Anhänger der Jünger Petri, oder Jäger oder schlicht Naturbegeisterter. Wer sich den Mühen einmal unterzieht und in ein Wasserflugzeug einsteigt, der wird ein unvergessliches Erlebnis mitnehmen – und durchaus dem Risiko unterliegen, süchtig zu werden.zum Seitenanfang

Die Faszination beginnt bereits kurz nach der Landung auf Torontos Lester B. Pearson Airport. Kurze Zollformalitäten, blitzschnelles aushändigen des Mietwagens – oder noch besser der Service der Lodge am Flughafen abgeholt zu werden, machen es möglich, dass man schon nach knapp 2 Stunden die dicht bewohnten Gebiete Kanadas hinter sich lässt und in das sanft hügelige Buschland des kanadischen Schilds eintaucht.

Durch die Muskokas, entlang dem Ostufer der Georgian Bay.

Vorbei an den ersten der tausenden von Seen, die die nächsten Tage bringen werden. Wer diese Landschaft an sich vorüber ziehen lässt, spürt sofort die Ruhe und Gelassenheit des wohl ältesten Teils dieser Erde, zumindest was die Oberflächengeologie angeht. Und er spürt auch sofort die andere Gangart der Menschen. Keine Hektik auf den Strassen, Freundlichkeit im Umgang, Selbstbewusstsein ohne jegliche Überheblichkeit.

 

Keine 400km, und die Welt hat sich geändert.

Ein freundliches Willkommen auf der Lodge , die erste Nacht in absoluter Ruhe.

   

Wer nach oben schaut hat die Chance wieder einmal funkelnde Sterne zu sehen, keine Luftverschmutzung, keine Lichtverschmutzung.

Let the real life begin. Der Morgen kommt früh dank der Zeitverschiebung. Man ist bereits um 4 oder 5 hellwach (so man aus Europa kommt). Zeit sich das Flugzeug in der Dämmerung anzuschauen. Die Sonne geht auf und durchdringt den Nebel.

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Wer neu in der Wasserfliegerei ist, freut sich einfach auf den Tag. Wer immer wieder zurückkehrt, zu diesem Erlebnis, nimmt schon einmal die Wasserpumpe zur Hand und beginnt die Floats (zu deutsch Schwimmer) auszupumpen. Kondenswasser und kleinste Undichtigkeiten, selbst bei den besten Schwimmern, lassen immer einige Tropfen oder auch mal einige Liter ansammeln. Keine Arbeit, sondern Ritual, sozusagen der Beginn eines Tagwerkes am Himmel Ontarios.

Die Aussenchecks am Flugzeug macht man noch vor dem Frühstück. In Ruhe. Schon allein weil man nicht einfach mal so um den Flieger herumläuft. Wasser hat bekanntlich keine Balken. Also erst die eine Seite von Land oder Dock aus oder auf einem Float, dann den Flieger im Wasser drehen. Dann die andere Seite. Und eben nicht nur die Oberfläche, die Ruder, die Tanks, das Öl, die Beschläge, die …, nein eben auch die Schwimmer, die Steuerseile, das Wasserruder, die Paddel, die Schwimmwesten….  

Dann ein kanadisches Frühstück, einige Worte über die Pläne der nächsten Tage, die „ flight notification “ (so etwas wie ein Flugplan, nur nicht offiziell, sondern einer vertrauenswürdigen Person gegenüber: Wohin geht es grob und bis wann wird man sich etwa melden – wenn dann keine Nachricht erfolgt, 24 – 48 Stunden nach der abgemachten Zeit, werden Behörden informiert und Suchaktionen eingeleitet). Der Flugweg wird nach Norden, über menschenleere Seenlandschaften, riesige Waldgebiete, mäandrierende Flüsse aber auch Stromschnellen führen. Über 7 Stunden Flugzeit dank Reservekanister. Nach gut 5 Stunden sollte aber eine Lodge , eine Floatplane Basis oder eine andere Möglichkeit zum Tanken erreicht werden. Kanada bemisst sich nach 500 – 700 km Etappen.
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Am Dock die letzten Checks , dann startet die Engine , aus dem Flugzeug wird ein Motorboot, ohne Bremsen, ohne Rückwärtsgang, eigentliche nur eingeschränkt steuerbar – die Ruder sind klein, der Wendekreis riesig. 800 Umdrehungen am Propeller beim Taxiing , nur nicht schneller, Wasserspritzer werden ansonsten zu Steinschlag. Dann drehen in den Wind, Runn up, Ruder einziehen, Vollgas: Die Nase hebt sich, schwerfällig zuerst schiebt sich das Flugzeug durchs Wasser. Dann der magische Moment: Über die eigene Bugwelle drückt man das Flugzeug auf den „ Step “, das BOOT beginnt zu gleiten, beschleunigt rasant und hebt sich mit etwas über 40 Knoten (ca. 75-80km/h) fast unmerklich aus dem Wasser.

Aus dem Motorboot wird ein Flugzeug. Etwas schwerfälliger und langsamer als das vergleichbare Landflugzeug wegen der Schwimmer, aber plötzlich frei und dreidimensional.

   
         
   

Unter dem Flieger die Seen in Mulden und Kerben, die eiszeitliche Gletscher ausgehobelt haben, oder durch das Werk von Bibern aus aufgestauten Bächen oder Flüssen entstanden. Dazwischen überall der kanadische Busch.

Wer sich durch diesen einmal mühevoll seien Weg gesucht hat, wird sich ganz unbewusst immer in der Nähe von Wasser halten. Während beim normalen Landflugzeug Wiesen, Ackerflächen, vielleicht auch mal Strassen, auf jeden Fall aber möglichst waldfreie Gebiete aber wo immer möglich kein Wasser im Fall der Fälle als Notlandebahnen dienen können, ist hier das fast überall allgegenwärtige Wasser der Freund der Piloten.

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Wasser in tausendfach verschiedenen Formationen, mal dunkel mal hell, meist klar auf einige Meter Tiefe, gesäumt von Felsen oder Waldrändern, von Wasserpflanzen oder Sandstränden, in blendendem Weiss, wie sie auch die Karibik nicht schöner malen kann.

   

Es sind diese Sandstrände, die zur Zwischenlandung reizen, ein ideales Dock, wenn man Wind und Wellengang lesen kann, wenn nahe genug ein grosser Fels oder Baum eine sichere Befestigungsmöglichkeit für das Flugzeug garantiert. Möglichst zweifach und unabhängig von einander.

Es ist besser nie zu vergessen, daß ein Wasserflugzeug auch ein Segelboot ist. Jeder noch so geringe Windhauch treibt das Flugzeug vor sich her, in der Regel schneller als der Mensch schwimmen kann. Bei etwas stärkerem Wind garantiert schneller. Wer seinem Flugzeug hinterher sieht, wenn es davon treiben sollte, hat ein wirkliches Problem.

Es sei denn der Zufall will es, dass ein Fischer oder Kanufahrer in der Nähe ist und helfen kann, und kein scharfkantiger Stein unter Wasser die Schwimmer aufschlitzt, bis das „Segelboot“ am anderen hoffentlich nicht zu weit entfernten Ufer zur Ruhe kommt. Grosse Strecken schwimmend zurückzulegen verbietet sowieso das fast immer kalte Wasser und ein Fußmarsch um einen größeren See herum kann auch mehrere Tage dauern. Hoffentlich dreht dann der Wind nicht in der Zwischenzeit.

Sollten aber Menschen in der Nähe sein, so sind diese immer hilfsbereit, manchmal sogar in Situationen, die der normale Westeuropäer nie erwarten würde.

So der Fall als ich eines wunderschönen Tages beschloss mitten in einem etwas größeren See zu landen und auf den Tragflächen ein Sonnenbad zu nehmen.

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Ich muss leicht eingenickt sein, als ich plötzlich eine Stimme hörte – everything ok with you over there, do you need any help?.

Aus Fischerboot sahen mich zwei wohl leidenschaftliche Angler (der See war wirklich weit weg von jeglicher sichtbarer Zivilisation) interessiert und hilfsbereit an. Auf meine Antwort, daß alles bestens sei und wie sie zur Vermutung kämen, daß ich ein Problem hätte, kam die erstaunte Aussage, daß dies doch wohl offensichtlich sei, nachdem ich mitten in einem See gelandet wäre und nicht mit einer Angel auf der Fläche oder den Schwimmern sitzen würde.

Undenkbar in Kanada, dass man nur so zum Spaß in diese Wildnis fliegen würde, um dort auf den Flächen ein Sonnenbad zu nehmen.

Wir verbrachten allerdings dann einen angenehmen Nachmittag zusammen an einer sandigen Beach mit am Feuer gegrilltem Fisch und Versorgung aus einigen Sixpacks – für die Anhänger Petri gutes kanadisches Bier, für mich einfaches Coke, des weiteren Fliegens wegen.

   

Aber Kanada ist nicht nur Busch und Einsamkeit. Dem Wasserflugzeugpiloten bieten sich traumhafte Flüge mitten in die großen Städte.

Der City Harbour von Toronto liegt direkt neben den Hochhäusern am Ufer des Lake Ontario, bei stahlblauem Himmel ein unvergesslicher Anflug. Bei telefonischer Absprache sogar ohne Transponder und ohne Funk zu machen.

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Ottawa: Der Anflug über und die Landung auf dem Ottawa River gehen direkt an den ehrwürdigen Regierungsgebäuden vorbei. Undenkbar in good old Europe.

     

In Montreal gibt es sogar drei Wasserflugplätze mitten in der Stadt auf den verzweigten Armen des St. Laurence River. Und Gleiches gilt für praktisch jede bedeutendere Stadt in Kanada.

 

Vielleicht noch ein abschließendes Wort:

  • Wasserfliegen ist eine der faszinierendsten Arten fliegend die Welt zu erkunden.
  • Es ist aber auch eine der herausfordernsten Arten, hier wird das Wort vom permanenten Dazulernen zur eindrücklichen Realität.

Wetter, Wind, Sichtbedingungen, Strömung und Wellengang, die Bedingungen unter der Wasseroberfläche, die jedes Mal unterschiedliche Herausforderung des Andockens, sei es am Steg oder an einer Küste, an Sandstränden oder in Felsenbuchten.

Das Beherrschen von terrestrischer Navigation in unterschiedlichsten Flughöhen von den Baumwipfeln bis über den Wolken, auch und gerade im Zeitalter der Satellitennavigation.

All das machen das Vorausdenken und Vorausplanen jeglicher fliegerischen Handlung zu einer faszinierenden Herausforderung und bringen uns dazu, immer wieder zum Wasserfliegen zurückzukehren.

Auf jeden Fall so lange wie uns das Fliegen vergönnt ist.

Happy Landing
Uhland Burkart

Weitere Infos:

Martin Seelhofer
CH-Winter: 0041 79 693 61 18
Canada-Sommer: 001 705 757 20 50

 

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